Die Sojabohne schlägt Wurzeln in Europa

Tofu und Sojamilch erfreuen sich bei uns zunehmender Beliebtheit als Alternative oder Abwechslung zu tierischen Produkten. Die Rezepturen wir auch die Haupt-Zutat, die Sojabohne, stammen ursprünglich aus China und Japan. Bis heute werden über 95% der Sojabohnen, die in Deutschland als Nahrungsmittel für Mensch und Tier verwendet werden, importiert, großteils aus Nord- und Südamerika. Dabei ist das Klima in Süddeutschland an sich gut für den Sojaanbau geeignet. Überall da, wo Wein und Mais wachsen, fühlt sich auch die Sojapflanze wohl, lautet eine Faustregel. So liegen die nördlichsten Soja-Anbaugebiete wie auch die nördlichsten Weinbaugebiete auf der Höhe von Sachsen und Sachsen-Anhalt. Auch im Bodenseegebiet wird Soja angebaut. Das Hofgut Storzeln in Hilzingen verarbeitet Soja und andere Produkte zu pflanzlichen Drinks; zum Einsatz kommt Soja aus eigenem Anbau sowie von etlichen weiteren Betrieben im westlichen Bodenseegebiet. Bei Vegetariern und Veganern ist die Sojabohne so beliebt, weil sie zu den proteinreichsten Pflanzen gehört. Zum Vergleich: Getrocknete Sojabohnen enthalten rund 35% Eiweiß, Linsen etwa 25% und Weizen etwa 11,5%. Eine Besonderheit der Sojabohne: Sie enthält antinutritive Substanzen, welche die Eiweiße für den menschlichen Organismus im rohen Zustand unverwertbar machen. Erst durch schonende Erhitzung, das so genannte Toasten, werden die entsprechenden Stoffe abgebaut, und die Sojabohne wird zu einem hochwertigen Lebensmittel – für Menschen und ebenso für Tiere. Rund 80% der in Deutschland verarbeiteten Sojabohnen werden als Tierfutter genutzt, nur etwa 20% landen in der menschlichen Ernährung, in Form von Tofu, Sojamilch, -joghurt, -schnetzeln und vielem mehr.

Der Anbau von Sojabohnen fordert von den Landwirten einiges an Know-How und Fingerspitzengefühl. Sojabohnen leben wie alle Hülsenfrüchte mit besonderen Bakterien im Boden in enger Symbiose zusammen. Die Bakterienstämme, die fürs Wachstum der Sojabohne optimal sind, werden in der Regel vor der Aussaat auf die Saatbohnen aufgebracht, da sie in deutschen Ackerböden nur spärlich vorhanden sind. Damit die Samen keimen, brauchen sie eine Bodentemperatur von mindestens 10°C – viele heimische Unkräuter wachsen schon bei deutlich niedrigeren Temperaturen und sind früher dran. Entsprechend gründlich muss der Landwirt das Unkraut in Schach halten, bis die Sojapflanzen im späten Frühjahr selbst groß genug sind und das Unkraut überwachsen. Während der Blüte im Frühsommer brauchen die Sojapflanzen viel Wasser, damit sie genügend Bohnen bilden. In den trockenen Sommern, die sich in den letzten Jahren häufen, kann eine Bewässerung erforderlich sein. Bei der Ernte dürfen die reifen Bohnen noch nicht zu trocken sein, sonst brechen sie zu leicht. Auch die Schnitthöhe des Mähdreschers will genau bemessen sein, denn im Gegensatz zu beispielsweise dem Weizen, bei dem die Ähren ganz oben am Halm sitzen, ist die Sojapflanze bereits ganz nah am Boden mit Bohnen bestückt. Diese gilt es zu erfassen, ohne gleich die oberste Bodenschicht mit im Erntegut zu haben. Nach der Ernte werden die Sojabohnen getrocknet und gründlich gesiebt und gereinigt.

Vielleicht werden Sie selbst eher selten in die Verlegenheit kommen, Soja zu säen und zu ernten – aber bei nächsten Soja-Produkt, das sie genießen, können Sie ja mal darauf achten, von welchem Kontinent die Sojabohnen stammen.