Zum Februar

Es gab ganz schön viel Schnee diesen Winter, auch in tieferen Lagen war es phasenweise schön weiß. So paradox es klingen mag: eine Schneedecke kann warm halten. Der so genannte schwarze Frost, der Temperaturen unter dem Gefrierpunkt ohne Schneedecke bringt, ist bei Landwirten deutlich mehr gefürchtet – junge Pflanzen, wie etwa das im Herbst ausgesäte und noch zarte Wintergetreide, kann durch starke Minusgrade durchaus Schaden nehmen. Eine Schneedecke schützt die Pflanzen; auch wenn die Lufttemperatur mit -10°C knackig kalt ist, sinken die Temperaturen unterm Schnee nur selten deutlich unter 0°C. Natürlich kann starker Schneefall auch Schaden anrichten: Äste können sich unter dem Gewicht des Schnees ordentlich biegen und sogar brechen. Besonders gefährlich ist Schnee, wenn er ganz spät im Frühjahr kommt. Wenn die Laubbäume schon reichlich Blätter tragen, bieten sie dem Schnee eine größere Auflagefläche als im Winter, folglich brechen Äste häufiger ab.
Unter dem Schnee geschieht derweil vieles, was Landwirte und Gartenliebhaber erfreut: Lästige Schädlinge sterben ab. Baumknospen bereiten sich ganz langsam aufs Frühjahr vor; überwinternde Pflanzen wie Lauch oder Kohl wachsen im Zeitlupentempo weiter. Der Frost lockert den Boden auf – „Frostgare“ nennt man den fruchtbaren Zustand des Bodens, wenn er nach einem langen Winter von Frostrissen durchzogen ist. Und schließlich: Wenn der Schnee im Frühjahr wieder langsam schmilzt, füllt er die Wasservorräte auf, im Boden, auch in seinen tieferen Schichten, und in vielen rauschenden Bächen.
Der Februar stellt uns Menschen bisweilen auf eine Geduldsprobe. Wir wünschen uns, dass es endlich Frühling wird, dass die Welt wieder grün und bunt wird, dass die Sonne uns wieder zu mehr Aktivitäten im Freien lockt. Was helfen kann, den Winter in seiner vollen Länge gut zu durchleben: Die eigene Aufmerksamkeit mehr dahin zu lenken, wo gerade die wirklich spannenden Dinge passieren: unter die (Schnee)oberfläche. Die aktuelle Jahreszeit taugt gut dafür, sich damit zu beschäftigen, wie sich der Boden unter dem Schnee verändert, und wie Pflanzen ihre Knospen fürs Frühjahr vorbereiten, noch bevor die Aktivität von außen sichtbar ist. Und sie lädt auch dazu ein, das eigene Leben aus diesem Blickwinkel zu betrachten: Vielleicht gibt es gerade wenige Aktivitäten. Aber wenn man unter die Oberfläche schaut, passiert ganz schön viel: Neue Träume und Ideen beginnen zu keimen, vertraute Menschen und Orte zeigen neue Facetten.

Bildnachweis: Katja Brudermann