Zum Mai

Auf den Wiesen und Äckern geht es jetzt so richtig los! Rinder und Ziegen, die den Winter im Stall verbracht haben, dürfen im Mai endlich auf die Weide. Viele Gemüsearten werden nun gepflanzt, und die ersten Erdbeeren reifen heran. Dem launischen Aprilwetter ist ein doch etwas stabiler freundliches Wetter gewichen. Doch in der Mitte des Wonnemonats kann es noch einmal empfindlich kalt werden. Die Eisheiligen vom 11.-15. Mai sind bekannt für die letzten Nachtfröste im Frühjahr – zum Glück haben die Menschen diese schon seit Jahrhunderten beobachtet und benannt, sonst würden sich bestimmt jedes Jahr aufs Neue unzählige Gartenfreunde von den sonnig-warmen Tagen dazu verleiten lassen, empfindliche Gurken, Tomaten oder Zucchini zu früh zu pflanzen, um diese dann nach einer Frostnacht schlapp und leblos im Beet wiederzufinden. Nach der kalten Sophie am 15. Mai ist in unseren Breitengraden in aller Regel kein Nachtfrost mehr zu befürchten.
Das, was wächst, wächst im Maiwetter mit Krawumm. Das gilt für die Gemüsesetzlinge genauso wie für die Unkräuter. Und es lohnt sich zu beobachten, in wieweit das auch für Projekte gilt, die nicht unmittelbar mit den Pflanzenwachstum auf dem Acker zu tun haben: berufliche und private Pläne, große und kleine Lebensträume… und es gibt ja auch durchaus so etwas wie „mentales Unkraut“: kreisende Gedanken, die zu keinem Ziel führen und von wesentlichen Zielen ablenken, gärender Ärger über Dinge oder Menschen, die man nicht verändern kann, Aufgaben, die man sich hat aufschwätzen lassen und für die es an der Zeit ist, sie abzugeben.
Es ist also nicht so wichtig, ob man tatsächlich einen Acker, einen Garten oder einen Balkonkasten sein eigen nennt – ganz unabhängig von den aktuellen Lebensumständen ist es möglich und sinnvoll, sich in den Rhythmus der Natur einzuklinken, die Lieblingsprojekte zu hegen und zu pflegen und unliebsame Gedanken und Aufgaben bewusst zu verabschieden.

Bildnachweis: Katja Brudermann