Leben und Wirtschaften in fruchtbaren Landschaften

Ein Vortrag zu diesem Thema hat mich bewegt. Gehört habe ich ihn auf dem Höfe-Festival in Kirchzarten bei Freiburg im September; Referent war Prof. Dr. Franz Theo Gottwald.
Er begann seinen Vortrag mit einem Vergleich: Um sein Heimatdorf in Oberbayern gibt es Grünland und Wald. Mit viel Mühe gelingt es einem Nachbarbauern, etwas Gemüse anzubauen. Ein Streifzug durch die Region rund um Freiburg offenbart dagegen eine immense Vielfalt, die in ähnlicher Weise auch um den Bodensee herum anzutreffen ist: Neben Grünland und Wald gibt es im in unmittelbarerer Nachbarschaft Obst, Gemüse, Wein und Getreide. Am Beispiel dieser unterschiedlichen Landschaften zeigte er auf, wie viel Potenzial jede auf seine Weise hat, uns Menschen zu ernähren und durch ihre eigene Schönheit zu erfreuen. Im nächsten Schritt betrachtete er die beachtlichen Fähigkeiten, die Menschen sich im Lauf der Geschichte angeeignet haben, um Landschaften für ihre Zwecke zu gestalten und zu nutzen. Schwierig wird es, wenn Menschen ihr fachliches Know-How einsetzen und dabei die Tatsache aus den Augen verlieren, dass sie selbst auch Teil der Landschaft sind, in der sie leben und wirken. Die zu starke Fixierung auf einzelne Ziele wie etwa die Maximierung von Erträgen in der Landwirtschaft, von Wohnraum in Städten oder auch – brandaktuell – die Reduktion von CO2-Emissionen können dazu führen, dass Landschaften verarmen und langfristig an Fruchtbarkeit und Nutzungsmöglichkeiten verlieren. „Wir sollten uns wieder mehr vor Augen führen, wie viel von der Landschaft um uns auch in uns drin ist“, lautet sein Credo. Wer sich regional ernährt, beeinflusst damit nicht nur die Wirtschaftskreisläufe in seiner Umgebung sondern auch den Inhalt und das Wohlbefinden der eigenen Gedärme. Und Lebensmittel, die auf einem Boden mit einer ausgewogenen Zusammensetzung von Mikroorganismen gewachsen sind, wirken sich positiv auf die eigene Darmflora aus. Seine Schlussworte gelten Landwirten und Verbrauchern gleichermaßen: „Zunächst geht es darum, eine Entscheidung zu treffen, was wir wahrnehmen wollen. Dabei halte ich es für wichtig, den Horizont zu weiten, nicht nur die eigenen vier Wände oder den eigenen Betrieb zu sehen, sondern die Landschaft wahrzunehmen, in der man sich befindet. Aus einer Grundhaltung heraus, welche die Landschaft vor Ort in ihren Besonderheiten erfasst und sich selbst als untrennbaren Teil davon begreift, geht es dann an die nächsten Entscheidungen, die den eigenen Betrieb, das eigene Einkaufsverhalten, die eigenen Aktivitäten in der Gesellschaft betreffen. Es ist für jeden lohnenswert zu beobachten, wie eigene Entscheidungen und Gestaltungsmöglichkeiten sich durch den geweiteten Blickwinkel verändern können.“