Wie viel Technisierung verträgt ein Hofcafé?

Kürzlich habe ich zum ersten Mal einen Bedien-Roboter in Aktion gesehen. Er ist als solcher gar nicht unbedingt auf den ersten Blick zu erkennen, denn Regale auf Rollen sind ja keine bahnbrechend neue Erfindung. Dieses Modell jedoch rollt nicht, wenn man es schiebt, sondern wenn man eine entsprechende Marschroute einprogrammiert. Das Display zeigt wahlweise das Menü an, das er mit sich trägt, oder ein bildschirmfüllendes Lächeln und soll mit seinen Kompetenzen das Personal in der Gastronomie entlasten oder gar ersetzen.

Das gute Stück rollte durch die Gänge der Karlsruher Messehallen während der dort stattfindenden ExpoDirekt – einer Fachmesse für landwirtschaftliche Direktvermarkter. Größer können die Gegensätze kaum sein, die hier aufeinandertreffen – oder vielleicht doch?

„Der Einsatz in Hofcafés ist bislang an den rustikalen Dielenböden gescheitert, die dort oft das Bild prägen“, berichtet Markus Fotsch, der den Roboter auf der Messe platziert hat. Das programmierte Rollregal rollt besser auf den spiegelglatten Fußböden moderner Asia-Restaurants.

Und sonst – was meinen Sie? Passt das zusammen -ein gemütliches Hofcafé, in dem nicht die Bäuerin persönlich die hausgebackene Erdbeertorte serviert, sondern ein lächelndes Regal, das mit etwas mehr Programmier-Aufwand vielleicht auch „Guten Tag und guten Appetit“ im ortsüblichen Dialekt sagen kann?

Wir dürfen uns überraschen lassen, ob der Roboter im nächsten Jahr mit geländegängigen Reifen durch die ExpoDirekt flitzt und in den kommenden Jahren auch durch die Gänge von Bauernläden und Hofcafés. Wir dürfen die Vorstellung, dass die Welt sich in eine solche Richtung bewegt, lustig, skurril oder auch befremdlich finden. Es lohnt sich aber in jedem Fall, einen Blick hinter diese ersten Eindrücke zu werfen. Der Grund für die Entwicklung und Nutzung solcher Roboter liegt eine Schicht tiefer als die reine Freude, etwas Verrücktes auf den Markt zu bringen: So ein Roboter kostet in der Anschaffung ein paar Tausend Euro, Tendenz vermutlich sinkend wegen steigender Nachfrage, und seine laufenden Kosten beschränken sich im Wesentlichen auf Stromverbrauch und Wartung. So ein echtes menschliches Lächeln kostet den Hofcafébetreiber gemäß des aktuellen Mindestlohns 12 € in der Stunde, Tendenz steigend. Da steht der Landwirt mit seinem Hofcafé also in absehbarer Zukunft vor der Wahl, die Personalkosten auf das ohnehin schon eher hochpreisige weil in Handarbeit aus hochwertigen Zutaten hergestellte Kuchenstück aufzuschlagen – oder eben doch den Roboter zum Tisch zu schicken und damit den Kuchenpreis etwas moderater zu halten.

Und Sie als Kunde – wie würden Sie sich entscheiden? Möchten Sie auch in zehn Jahren noch von einem waschechten Menschen am Tisch begrüßt werden, wenn Sie einen Sonntagsausflug zum Kaffeetrinken bei Ihrem Lieblings-Bauernhof machen? Und wie viel – in Euros – wäre ihnen diese in Zukunft vielleicht als Luxus zu betrachtende menschliche Begegnung wert?

 

Katja Brudermann für die Bodenseebauern