Der Mindestlohn und die Landwirte

Der Mindestlohn wird immer wieder heiß diskutiert. Auf der einen Seite ist es wichtig, dass Arbeitnehmer einen angemessenen Lohn für ihre Arbeit erhalten, damit sie ein Gefühl von Wertschätzung erfahren und ihren Lebensunterhalt gut bestreiten können. Auf der anderen Seite stehen die Arbeitgeber, die ihrerseits rentabel wirtschaften müssen. Bei landwirtschaftlichen Kulturen, die mit viel Handarbeit verbunden sind, spielt der Mindestlohn eine zentrale Rolle: Erdbeeren und Spargel können nur schwerlich maschinell geerntet werden, und auch bei vielen anderen Obst- und Gemüsekulturen machen die Lohnkosten einen großen Anteil der Produktionskosten aus. Wenn die Lohnkosten per Gesetz steigen (zuletzt wurde der Brutto-Mindestlohn in der Landwirtschaft im Oktober 2022 von zuvor 10,45 € auf 12,00 €/ Stunde erhöht), müssten theoretisch auch die Produkte anteilig mehr kosten. Diese Preissteigerung findet allerdings nicht immer vollständig statt, weil zu befürchten ist, dass nur noch sehr wenige Menschen Obst und Gemüse zu den real erforderlichen Preisen kaufen würden. In der landwirtschaftlichen Praxis schaut es folglich so aus, dass zwar jeder Erntehelfer seinen gesetzlich festgelegten Mindestlohn bekommt – die Landwirte selbst aber nicht. Sie müssen Jahr für Jahr genau rechnen und abwägen, welche Kulturen sie noch anbauen können und wollen, damit ihr eigener Stundenlohn nicht unter dem der Erntehelfer liegt.

Claudia Ruess vom Obsthof Ruess in Oberteuringen bringt ihre Sicht auf den Punkt:
„Es ist ja gar nicht so, dass wir unseren Mitarbeitern nicht gerne einen angemessenen Lohn bezahlen, der auch mal über dem Mindestlohn liegen kann. Nur: Als Betriebsleiter hätten wir eben auch gerne einen angemessenen Stundenlohn!“

Bildnachweis: Katja Brudermann