Die Erdbeer-Saison beginnt!

Endlich ist es soweit: Die ersten frischen leckeren Erdbeeren sind reif! Für die Erdbeerbauern hierzulande ist der Saisonstart meist Freude und ein wenig Nervenkitzel zugleich. In diesem Jahr war das Wetter ganz auf der Seite der Erdbeeren: Im März und April gab es viele sonnige Tage und kühle, aber frostfreie Nächte. Besser geht’s kaum, damit die Früchte langsam reifen, groß, aromatisch und süß werden. Zu kämpfen haben die Erdbeererzeuger mehr mit den aktuellen Bedingungen am Markt. Bedingt durch den Ukraine-Krieg ist vieles teurer geworden: Diesel, Erdbeerschalen und anderes Verpackungsmaterial, Dünger und auch Ersatzteile für Traktoren und Gewächshäuser. Zudem steigt der Mindestlohn für die Erntehelfer regelmäßig an.
Auch Nicht-Landwirte spüren die Preisveränderungen im Alltag, doch just die Lebensmittelpreise verändern sich relativ wenig.
Deutsche Erdbeeren zeigen in den Supermärkten etwa dieselben Preise wie letztes Jahr; zeitgleich und deutlich günstiger landen spanische Erdbeeren in den Regalen. Die Kosten, die eine Schale deutsche Erdbeeren bis zum Verkauf verursacht hat, sind je nach knapp gedeckt, wenn sie rund doppelt so teuer sind wie die spanischen. Wird es genug Menschen geben, die sich dennoch für die deutschen Erdbeeren entscheiden? Oder bleibt unverkaufte Ware übrig? Müssen die Preise gesenkt werden, dass die Erdbeeren zwar vollständiger aber dafür unter den realen Produktionskosten verkauft werden können? Die Zitterpartie erleben deutsche Erdbeerbauern im Grunde jährlich – in diesem Jahr aufgrund der insgesamt angespannten Situation aber sicher stärker als gewohnt.
Verbraucher, die Lust auf Erdbeeren haben, stehen vor einer Entscheidung, die vielleicht wesentlicher ist als auf den ersten Blick vermutet.
Wer einzig auf den Preis achtet, wird der spanischen Schale den Vorzug geben.
Wer für sein Geld den maximalen Genuss haben möchte, dem sei ein Geschmacks-Test empfohlen. Kaufen Sie eine Schale spanische und eine Schale deutsche Erdbeeren (letztere am besten direkt beim Erzeuger) und laden Sie ein paar Nachbarn zur Verkostung ein. Vielleicht stellen Sie ja fest: 500g deutsche Karotten oder 250 g deutsche Erdbeeren erzeugen mehr Genuss als 500 g spanische Erdbeeren?
Und schließlich entscheiden Sie mit Ihrem Einkauf nicht nur über Ihren persönlichen Genuss, sondern auch, welche Art des Wirtschaftens Sie unterstützen. Die Verlockung ist zweifelsohne da: Warum sollte man nicht spanische Erdbeeren kaufen, wenn sie sich dort deutlich günstiger produzieren lassen? Führt man die Logik weiter, dann werden in Deutschland vermehrt Kulturen angebaut, die mit wenig Handarbeit und mit wenig Personal zu bewältigen sind, während Erdbeeren und auch andere Obst- und Gemüsesorten daher eingeflogen werden, wo die Arbeitskräfte gerade am billigsten sind. Sollte sich irgendwann in Spanien die klimatische oder politische Situation verändern, dass dort keine Erdbeeren für den Export mehr produziert werden, haben sich die deutschen Landwirte vielleicht längst an den Anbau von Soja und Mais gewöhnt.
Wohl die meisten Verbraucher sehen einen Wert darin, dass frische Lebensmittel aus der näheren Umgebung stammen. Die aktuelle global-politische Situation könnte dazu beitragen, dass die regionale Herkunft von Erdbeeren und sonstigen Lebensmitteln wieder einen existenziellen Aspekt und eine höhere Priorität bekommt – in der Politik und beim wöchentlichen Einkauf jedes Einzelnen.