Die Kälber und ihre Mütter

Was passiert eigentlich mit den Kälbern, wenn ihre Mutter-Kühe gemolken werden? Auf vielen Bauernhöfen werden die Kälber mehr oder weniger unmittelbar nach der Geburt von der Mutter getrennt; sie wachsen dann mit Altersgenossen oder auch allein auf. Kälber-Iglus nennt man die kleinen Plastikställe, in denen man die jungen Tiere oft sieht. Hier hat jedes Kalb ein eigenes Dach über dem Kopf, mit einem kleinen Auslauf drum herum. Oder mehrere Kälber teilen sich ein großes Iglu mit einem gemeinsamen Auslauf. Die Gruppenhaltung ist umstritten. Denn einerseits: Wenn jedes Kalb ganz allein in seinem Kälberiglu haust, stecken sich die Kälber gegenseitig weniger an, wenn eines Durchfall hat. Und andererseits: In der Gruppe mit Altersangehörigen vertragen die Kälber die Trennung von ihren Müttern emotional besser, was sie insgesamt robuster macht. Die Frage ist also, was unterm Strich besser ist: Weniger Keime und fragilere Kälber (Einzelhaltung), oder mehr Keime und robustere Kälber (Gruppenhaltung). In der Bio-Landwirtschaft setzt man auf die Stärkung des Immunsystems; hier ist die Einzelhaltung der Kälber nach der ersten Lebenswoche nicht erlaubt.

Noch mehr emotionalen Luxus genießen die Kälber auf dem Hagenweilerhof in Überlingen-Lippertsreute. Hans Schmeh erklärt die hier praktizierte muttergebundene Kälberaufzucht:
„Wir haben die Erfahrung gemacht: Die Kälber sind emotional und auch körperlich stärker und gesünder, wenn sie ihre ersten Lebenswochen in der Nähe der Mutter verbringen. Die erste Woche nach der Geburt läuft bei uns jedes Kalb an der Seite seiner Mutter in der Herde. Nach einer Woche kommen die Kälber mit ihren Altersgenossen in einen abgetrennten Bereich in der Liegehalle, wo die Kälber immer noch Kontakt zu ihren Müttern haben. Während der Melkzeiten haben sie Zugang zum Euter der Mütter. Wenn das Kalb ausreichend getrunken hat, wird die restliche Milch normal gemolken. Eine Kuh gibt ja viel mehr Milch als ein Kalb benötigt; das vollständige Leeren des Euters ist wichtig für die Eutergesundheit.
Erst im Alter von 5 Wochen verlassen die Kälber den Stall und leben dann mit ihren Altersgenossen in einem Außenstall mit Auslauf. Hier bekommen sie weiterhin Milch und nach Bedarf zusätzlich Heu.
Die Familienplanung unserer Kühe steuern wir so, dass möglichst alle Kälber zwischen Mitte Januar und Ende Mai zur Welt kommen. Die saisonale Abkalbung erleichtert uns die organisatorischen Abläufe bei der muttergebundenen Kälberaufzucht.“
Der Hofladen auf dem Hagenweilerhof hat Montags bis Donnerstags von 17-19 Uhr und Freitags von 14-19 Uhr geöffnet. Im Sortiment sind Käse, Wurst, Getreide und neuerdings Zentrofan-Mehl, ein besonders feines Vollkornmehl. Auf Anfrage werden die Produkte auch ausgeliefert oder versandt.
www.hagenweilerhof.de

Bildnachweis: Familie Schmeh, Hagenweilerhof