Die Zukunft unserer Lebensmittel

Unlängst war ich auf einer Food-Startup-Messe. Im Milchwerk in Radolfzell fanden sich rund 80 kreative, innovative Gründer aus der Lebensmittelbranche zusammen und präsentierten ihre Produkte; im Rahmenprogramm konnte man sich zudem über die neusten Trends informieren. Man kann durchaus Bauklötze staunen, wenn man so hautnah miterlebt, in welche Richtung sich die Erzeugung unserer Lebensmittel bewegt!
Auf der einen Seite sind da die kreativ-gesundheitsorientierten Feinschmecker, die vegane Eistörtchen, zuckerfreie Schokoriegel und glutenfreie Backmischungen auf den Markt bringen, auf der anderen Seite sind die Verfechter einer effektiven Ernährung der Weltbevölkerung, die für Insektenfarmen und Lebensmittel-Reaktoren plädieren. Liegt die Zukunft unserer Ernährung in gegrillten Heuschrecken und hühnerfreiem Hühnerfleisch, das in Bioreaktoren von hierfür gezüchteten Bakterien produziert wird? Wenn man den Besucherströmen auf der Food-Startup-Messe folgt, sind die Eistörtchen und Schokoriegel doch deutlich heißer begehrt als die zur Verkostung angebotenen frittierten Heuschrecken.
Eher vereinzelt sind hier auch Aussteller zu finden, die einen Bezug zu einer regionalen Landwirtschaft pflegen. Die Ölfreunde aus dem Donautal zum Beispiel, die Raps, Leindotter und Hanf von regionalen Erzeugern verarbeiten, oder die Käserei Muolen aus der Schweiz, die unter dem Label „vegional“ Joghurt und andere Alternativen zu Molkereiprodukten aus regional angebauten Lupinen im Sortiment hat.
Nicht wirklich überrascht, aber dennoch ein bisschen erschrocken haben mich die Aussagen einiger Aussteller von wirklich extrem leckeren, hochwertigen Produkten, die oftmals sogar in Bio-Qualität hergestellt waren: „Wir würden eigentlich schon gerne unsere Rohstoffe aus Deutschland beziehen, aber die sind hier so hochpreisig, dass unsere Produkte mit den dann erforderlichen Preisen niemand mehr kaufen würde.“ Teils wurde von deutschen Firmengründern auch gleich die ganze Produktion ins Ausland verlagert, weil im Inland keine geeignete Infrastruktur zu finden war.

Auf kurze Sicht betrachtet funktionieren wir Menschen wohl genau so. Wir lieben es, so richtig leckere Süßigkeiten zu essen, und wenn die dann auch noch ein bisschen gesund und bekömmlich sind, umso besser. Beim Einkaufen bewegen wir uns, was den Preis betrifft, innerhalb unserer eigenen, gefühlten Grenzen und da ist das feine Bio-Törtchen eben nur dann noch drin, wenn die Zutaten aus Niedriglohnländern stammen.

Ganz ehrlich gesagt: Ich hab sie auch sehr genossen, all die Schoko-Riegel, Knusper-Müslis und Energy-Drinks mit Pflanzenextrakten von allen Kontinenten. Ich fürchte nur, wenn wir bei unseren Grundnahrungsmitteln den Blick nicht wieder mehr auf unsere heimische Landwirtschaft haben, dann helfen uns die Schokoriegel auf die Dauer auch nicht weiter. Denn Fakt ist: Niemand anderes als genau die Landwirte, die hierzulande leben und arbeiten, bewirtschaften unsere Böden und sorgen dafür, dass hier Obst, Gemüse und Getreide wachsen, und zwar in einer Form, in der wir sie auch gerne essen. Sie halten Tiere, füttern, melken und schlachten sie, das Milch und Fleischprodukte zur Verfügung stehen. Und: Sie werden immer weniger.
Es gibt mit Sicherheit viele politische Entscheidungen, die es unseren Bauern nicht wirklich leichter machen. Und es gibt wohl auch keinen Landwirt, der 100%ig alles richtig macht – wer sollte das denn auch final entscheiden, was richtig und falsch ist? Aber ich meine doch, jeder einzelne kann zu der Erkenntnis gelangen, dass unser Land ohne Landwirte doch einige Nachteile aufzuweisen hätte: Nicht nur das Landschaftsbild würde sich dramatisch verändern – es birgt auch ein ziemliches Risiko, sich bezüglich der absoluten Grundlagen unseres Überlebens ganz von anderen Ländern abhängig zu machen.

Von daher: Nichts gegen gelegentliche Schokoriegel aus Übersee – aber beim alltäglichen Einkauf von Lebensmitteln lohnt es sich in vielerlei Hinsicht auf Regionalität zu achten.

Katja Brudermann für die Bodenseebauern

Bildnachweis: Katja Brudermann