Eselwandern – Lebensfreude pur!
Unlängst war ich auf einem Eselspaziergang. Mit vier Eseln und acht Menschen zogen wir los auf einen gut zweistündigen Spaziergang. Natürlich nicht, ohne vorher eine gründliche Einführung in den Umgang mit diesen Tieren zu bekommen. Rita Gehring, die seit neun Jahren Eseltouren anbietet, erklärte uns: „Die Heimat der Esel liegt in bergigen, felsigen und kargen Gebieten. Auf unseren heimischen Wiesen muss man also ständig darauf acht geben, dass sie nicht zu viel fressen; das reichhaltige Gras überfordert sie schnell, und dann können sie Verdauungsprobleme und andere Stoffwechselerkrankungen bekommen.“ Ein Esel lässt sich an sich recht leicht am Halfter führen. Im Gegensatz zu einem Pferd, das in seiner Heimat, der weiten Steppe, gelernt hat, erstmal schnell davonzurennen, wenn ihm irgendetwas komisch vorkommt, bleibt der Esel stehen und denkt nach. In steilen Gebirgslagen ist das dem Überleben dienlicher als die schnelle Flucht. Esel sind erstaunlich wach und bekommen ziemlich genau mit, wo der Mensch, der sie führt, mit seinen Gedanken gerade ist. Bei der To-Do-Liste für übermorgen? Super, das ist die perfekte Gelegenheit, den Kopf mit einem beherzten Ruck nach unten zu bewegen und etwas köstliches Gras am Wegesrand zu naschen. Ist die Aufmerksamkeit beim Esel und beim Weg, vertraut sich der Esel der Führung an und macht keine Dummheiten. Mit diesem siebten Sinn hat so ein Esel für unsereiner schon fast therapeutischen Wert. Denn mal ehrlich: Wie oft schweifen denn unsere Gedanken im Verlauf eines Tages irgendwohin ab, ohne dass wir es recht bemerken, und ohne dass uns ein Esel freundlich ins hier und jetzt zurückholt? Ich merke jedenfalls, wie so ein freundlich-wacher und zugleich auch ein bisschen frecher Esel an meiner Seite meine Glückshormone ordentlich ankurbelt.
Rita Gehring hat früher Ziegenkäse gemacht und auf Bauernmärkten verkauft. Die Umstellung zur Eselwanderführerin ist ihr ein bisschen zufällig in die Hände gefallen, und so ganz leicht ist ihr das nicht gefallen. „Hochwertige Lebensmittel produzieren – das ist eine zutiefst sinnvolle Tätigkeit. Und mit Eseln durch den Wald spazieren, das ist doch irgendwie Firlefanz!“ Das sagt sie bis heute, allerdings mit einem Schmunzeln in der Stimme. Denn sie hat für sich herausgefunden: „Ziegen, die Milch für die menschliche Ernährung geben, sind Nutz-Tiere – aber die Esel sind es auf ihre Art auch. Sie nutzen uns Menschen viel unmittelbarer, einfach durch ihre Art, sich durch die Welt zu bewegen.“ Während sie mit ihren langen Ohren wippen und ab und zu Gras am Wegesrand naschen, bringen sie uns Menschen eine große Portion Glück und Ursprünglichkeit, und wer weiß, vielleicht brauchen wir die manchmal genauso nötig wie Brot und Ziegenkäse.
Rita Gehring bietet ihre Eseltouren im Schwarzwald an – am Bodensee gibt es verschiedene Anbieter, die sich im Internet leicht finden lassen.