Zum April

Es gibt viele Gründe, warum es an Ostern Ostereier gibt. Einer davon ist recht banal: Es ist eine lange Tradition, während der Fastenzeit auf Fleisch zu verzichten, und auch auf Eier. Da die Hühner in den Wochen vor Ostern jedoch nicht aufhören, Eier zu legen, galt es zu Ostern den Eier-Stau wieder abzubauen, indem man die Eier hart kochte und damit haltbar machte. Das war zu früheren Zeiten so, als noch jeder seine Hühner im Hinterhof hielt oder seine Eier vom Nachbarn bezog. Heute schaut die Welt anders aus. Nur die wenigsten Menschen verwenden in der Fastenzeit weniger Eier als sonst – dafür kaufen sehr viele in der vorösterlichen Zeit sehr viel mehr Eier als üblich, um sie zu kochen, zu färben oder auszupusten. Entsprechend gibt es zu Ostern keinen Überschuss mehr, der verwertet werden will – Landwirte, die Legehennen halten, müssen im Gegenteil gut haushalten, dass sie die vorösterlichen Eierfärbegelüste ihrer Kunden möglichst vollständig bedienen können.
Zudem werden Eiern viele Bedeutungen zugeordnet: Fruchtbarkeit und Wiedergeburt, die Kraft des kleinen, süßen Kükens, dem es gelingt, die Schale zu durchbrechen und ins Leben zu springen. Und damit ist man mittendrin im Frühlingsgeschehen, in dem die Knospen von Blumen und Obstbäumen aufspringen, Keimlinge durch die Erde stoßen und Löwenzähne selbst vor Asphaltdecken nicht immer halt machen. Während das, was in der Natur im Frühjahr so alles hervorbricht, meistens freudig und schön ausschaut, ist das unter uns Menschen leider nicht immer der Fall. Kriege brechen in mehr oder weniger weiter Ferne aus; im eigenen Umfeld sind es Streitereien in Familie oder Nachbarschaft und vielleicht lange zurück gehaltener Ärger, der immer wieder aufkeimt. Die Frage, warum das immer wieder sein muss und, warum wir Menschen nicht einfach und dauerhaft in Frieden miteinander leben können, beschäftigt uns seit dem Ausbruch des Kriegs in der Ukraine wohl so sehr wie lange nicht mehr. Ein Blick in die Tier- und Pflanzenwelt im Frühling gibt uns darauf auch keine allumfassende Antwort – aber doch einen kleinen Tipp: Es gehört zum Kreislauf der Natur dazu, dass Leben im Verborgenen beginnt, um dann irgendwann mit viel Kraft an die Oberfläche zu kommen und sich auszubreiten. Es trägt zu einem friedlichen und ausbalancierten Miteinander bei, dass kein Lebewesen seinen Mitgeschöpfen sinnlos Lebensraum oder Nahrungsmittel raubt. Und genauso trägt es auch zur Schönheit und damit zum Frieden unseres Planeten bei, wenn jeder Samen zu seiner Zeit seine „Ellenbogen“ einsetzt, um sich mit den Wurzeln durchs Erdreich zu graben und mit den Blättern zur Sonne zu bewegen. Es ist, als ob eine Pflanze genau wüsste: Es gibt ein paar wesentliche Dinge, für die es sich zu kämpfen lohnt. Und es gibt sehr viele Dinge, für die es sich nicht lohnt. Die aktuelle (Jahres)zeit regt zum Nachdenken an, ob das bei uns Menschen nicht sehr ähnlich ist.